Seit Alaska haben wir viel Zeit in Dawson City verbracht, wahrscheinlich die einzige Stadt auf der Welt, in der man im Lebensmittelladen mit Chips aus dem Casino bezahlen kann. Dawson ist eine verrückte Stadt. Um 1900 war sie die größte Stadt in Kanada, heute zählt sie mit insgesamt 1400 Einwohnern noch immer als zweitgrößte Stadt im Yukon (was bei einer Gesamtbevölkerung von ca. 36000 Einwohnern, wovon 32000 in Whitehorse leben, nicht schwer ist). Nach dem Goldrausch haben viele Menschen die Stadt verlassen und vieles wurde nie erneuert. Deswegen hat sie noch heute den Charme von damals, mit unbefestigten Straßen, vielen Saloons, Kanadas erstem Casino und natürlich einem Baustil, den man aus den meisten Westernfilmen kennt. Alles in allem eine süße kleine Stadt, die aber ihren touristischen Charakter nicht verbergen kann.

Wir sind letztes Wochenende in Dawson City angekommen, um zu einem Jobinterview zu gehen. Leider hatte in dem Restaurant, in dem wir vorhatten zu arbeiten, keiner Zeit für uns, weswegen wir erstmal bis Dienstag festsaßen. Dafür hatten wir gleich Zeit, einen ganzen Tag mit der Goldsuche zu verbringen. Wir waren sehr fleißig, haben allerdings nichts wirklich gefunden. Nur ein paar geschliffene Steine, die wahrscheinlich ein Kind verloren hat. Aber nicht schlimm, wir betrachten es als unseren Trostpreis und haben vorsichtshalber noch einen Eimer Dreck mitgenommen. Vielleicht ist da ja was drin.

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Beim Goldsuchen trafen wir dann Sebastian und Claudia aus Österreich wieder, die wir schon einmal kurz auf dem Chickenstock kennengelernt hatten. Damit hatten wir gleich eine Abendbeschäftigung, denn mit ihnen ging es erstmal ins Casino, wo jeden Abend Tanz- und Musikshows, wie um 1900, gezeigt werden. Nach dem ein oder anderem Bier im Casino ist das Gespräch auf den SourToe gekommen. Das ist ein menschlicher Zeh, der in ein Schnaps geworfen wird, den man dann trinken und den Zeh mit den Lippen berühren muss. Was erstmal furchtbar eklig, makaber und abstoßend klingt, ist nach den besagten Bieren plötzlich eine sehr gute Idee und man muss das ja mal machen, wenn man schonmal in der Stadt ist. Die Illusion, dass das Ganze ein unbekanntes Ding ist und man den Zeh nur unter dem Ladentisch bekommt, hat sich schnell gewandelt, als wir den Saloon betraten und erstmal eine Stunde anstehen durften, um in den Genuss zu kommen. Jetzt sind wir jeder 14 Dollar ärmer, hatten einen Leichenzeh an den Lippen und haben dafür eine Urkunde bekommen. Glücklicherweise hat niemand den Zeh verschluckt, das ist tatsächlich schon einmal passiert und kostet jetzt 2500 Dollar, da neue Zehen ziemlich schwer zu beschaffen sind.

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Am nächsten Tag waren wir noch etwas verkatert bei unserem Jobinterview. Wir hätten auch sofort anfangen können, nur leider war es nicht ganz das, was wir uns vorgestellt hatten. Nach einer kurzen Überlegungszeit haben wir uns entschlossen, weiter zu reisen und mit den beiden vom letzten Abend an den Polarkreis zu fahren. Der Weg dorthin führte uns über eine über 400 km lange Schotterstraße, dem Dempster Highway, die wohl sehr viele Reifenopfer (Reifen, Achsteile etc.) fordert. Wir sind zum Glück verschont geblieben. Problematischer war für uns eher das 370 km lange Stück ohne Tankstelle, aber unsere Berta hat auch das gemeistert, sogar ohne den Zusatzkanister zu gebrauchen. Landschaftlich war die Strecke wirklich der Wahnsinn. Es gibt nur diese eine Straße, die von Dawson aus nach Norden führt und ist wirklich komplett in der Wildnis, inmitten von Tundra, Taiga und verdammt vielen ausgehungerten Mücken. Der Polarkreis wird nur durch ein Schild mit Koordinaten markiert. Es war cool, dort gewesen zu sein, auch wenn es die Fahrt wirklich in sich hatte. So weit nördlich ist noch keiner von uns beiden jemals gewesen.

Wieder zurück in Dawson kamen wir genau pünktlich zum Solstice Festival, einer riesengroßen Party zur Sommersonnenwende. Diese fand auf dem Midnight Dome, einem Berg neben der Stadt, statt, von welchem aus man die Ganze Umgebung überblicken kann. Eine wunderschöne Kulisse und eine faszinierende Stimmung. Es wurde Musik gemacht, getanzt und alle waren einfach gut drauf. Um 0:50 Uhr ging die Sonne unter und um 3:55 Uhr wieder auf. Es war die ganze Zeit über hell und einfach toll. Wir sind froh, das erlebt zu haben.

Jetzt sind wir wieder zurück in tropical Whitehorse, wie wir die ganze Zeit gesagt haben, obwohl es hier nur regnet. Wir hätten wahrscheinlich doch dort bleiben sollen, dort waren immerhin 27°C.

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