Millionäre zu werden hätte fast geklappt, aber wir waren wohl zu faul und haben zu wenig gearbeitet. Aber ein Versuch war es wert. Es war eine gute und interessante Erfahrung, als Tellerwäscher zu arbeiten. Die Arbeit war einerseits super anstrengend. Man hatte teilweise nicht einmal Zeit, zu seinem Wasserglas zu greifen, obwohl es direkt neben einem stand. Die Zeit ist schnell verflogen. Andererseits hat man zu spüren bekommen, dass man wirklich das unterste Glied im gesamten Restaurantgefüge ist, was einen vor allem die Kellner gern spüren ließen. Es ist erschreckend, wie vielen Menschen es Spaß macht, andere Personen schlecht zu behandeln, wenn sie das Gefühl haben, mehr wert zu sein. Natürlich waren nicht alle so, aber das ist etwas, was uns dort wirklich missfallen hat. Wir hatten nicht das Gefühl, dass unsere Arbeit in irgendeiner Weise wertgeschätzt wurde, obwohl es wahrscheinlich die körperlich härteste von allen war.
Dennoch haben wir auch sehr coole Leute kennengelernt, Akki aus Indien und Chihiro aus Japan zum Beispiel. Mit den beiden haben wir auch mal hart Party gemacht, was damit endete, dass beide daheim mit dem Telefon des jeweils anderen aufgewacht sind, Chihiro ihr Portemonnaie verloren hat und beide keine Erinnerung mehr an die letzte Bar haben. Es war also ein guter Abend, obwohl das mit ihrem Portemonnaie wirklich Scheiße ist.
Weihnachten und ein paar Tage davor mussten wir zum Glück nicht arbeiten und Scott war auch nicht wirklich zu Hause, sodass wir komplett für uns waren. Es war schön, aber irgendwie hat vor allem Nati die Weihnachtsstimmung ein bisschen gefehlt. Man kann halt kein deutsches Weihnachten in Kanada erwarten. Dafür fehlt natürlich auch die Familie. Am Heiligabend sind wir in die Kirche einer deutschen Gemeinde gegangen und waren erstaunt, wie gut diese besucht war. Wir haben kaum noch einen Sitzplatz bekommen und einige Leute mussten sogar stehen. Der Gottesdienst war im Prinzip wie in Deutschland, nur als am Ende die Kollekte gesammelt wurde, haben wir uns ein wenig schlecht gefühlt. Wir haben, wie in Deutschland, ein bisschen Kleingeld zusammengesucht und waren damit komplett allein. Alle anderen haben bis zu 50 Dollar in die Schale geworfen und unsere kleinen Münzen sind allein auf dem Boden herum gekullert. In Kanada kennt man den Begriff des Klingelbeutels anscheinend nicht.
Am 1. Weihnachtsfeiertag war erstaunlich gutes Wetter, sodass wir beschlossen, nach Bowen Island zu fahren. Der 25. Dezember ist in Kanada oder ganz Nordamerika der Tag, wo alle ihre Familie besuchen, Geschenke austauschen und einen gigantischen Truthahn essen. Daher waren wir gefühlt fast allein auf der Insel, was echt entspannt war. Wir sind durch den Regenwald um einen See gewandert und haben uns gefreut, mal wieder ein bisschen in der Natur zu sein, nachdem wir fast 2 Monate nur noch Stadt erlebt haben. Wir haben uns gleich wieder in unseren Roadtrip zurückversetzt gefühlt und unterbewusst nach Plätzen Ausschau gehalten, wo man potentiell übernachten könnte. Blöderweise hatten wir kaum gefrühstückt, weil wir davon ausgegangen sind, auf der Insel irgendwo etwas zu essen. Wir konnten ja nicht ahnen, dass nahezu alle Lokale und Läden in Kanada an diesem Tag geschlossen haben. Als wir sehr spät abends wieder in der Innenstadt waren, haben wir zum Glück eine Bar gefunden, die geöffnet hatte und somit gab es am 1. Weihnachtsfeiertag Burger für uns. Den 2. Weihnachtsfeiertag gibt es in Kanada nicht und damit ist er für uns auch ausgefallen.
Irgendwann haben wir bei Facebook eine Anzeige gesehen, dass ein Franzose zu Silvester eine Schneeschuhwanderung machen möchte und Leute sucht, die ihn begleiten. Wir haben uns innerhalb eines Tages darauf gemeldet und zunächst schien es so, als wäre alles schon ausgebucht, aber glücklicherweise konnten wir dann doch noch mit. Wir wollten Silvester nicht in der Stadt verbringen, weil wir keine Lust auf irgendwelche teuren Partys hatten. Am 31. Dezember nachmittags haben wir uns dann auf einem Parkplatz in der Stadt getroffen, obwohl es wie für Vancouver üblich, aus Eimern geschüttet hat. Wir waren eigentlich schon auf dem kurzen Weg zur Bahn schon klitschnass. Viele Leute haben aufgrund des Wetters abgesagt, sodass aus den anfangs 50 Teilnehmern nur noch 13 da waren, was aber wesentlich entspannter war. Nach einen „PrePint“ in der Brauerei um die Ecke ging es dann auch irgendwann los und wir sind mit mehreren Fahrzeugen auf den Mount Seymour gefahren. Dort wurden die Schlitten gepackt und die Schneeschuhe angezogen und die 2,5 km lange Wanderung begann. Eigentlich kein langer Weg, aber wir haben trotzdem unterschätzt, wie verdammt anstrengend es ist, mit Schneeschuhen sich durch enge Waldwege bergauf zu kämpfen und dazu noch schwere Schlitten zu ziehen. An die Art zu laufen mussten wir uns auch erst einmal gewöhnen, Basti ist Nati anfangs ständig hinten auf den Schuh getreten, sodass Nati immer hingefallen ist. Nach gefühlt mehreren Stunden hatten wir den Gipfel von Dog Mountain erreicht und pünktlich als wir ankamen, haben sich die Wolken aufgeklart und wir hatten einen traumhaften Blick über Vancouver. Nachdem dann auch die Zelte standen und alles für die Nacht vorbereitet war, haben alle ihre Getränke geholt und sich versucht am Lagerfeuer ein wenig aufzuwärmen. Es waren total coole Leute unterschiedlichster Nationalitäten dabei und es hat wirklich Spaß gemacht, mit ihnen Silvester zu feiern. Irgendwann gegen halb 2 hat es wieder begonnen zu regnen, zu stürmen und zu hageln, was ein schlafen quasi unmöglich machte. Wir haben unheimlich gefroren und alles war nass. Basti spürt seine Zehen bis heute noch nicht wieder richtig. Mit einer richtigen Wintercampingausrüstung wäre es vielleicht was anderes gewesen, aber unter diesen Bedingung werden wir wohl nicht noch einmal im Schnee zelten.
Am nächsten Morgen hatten wir traumhaftes Wetter und konnten zusehen, wie die Sonne über Vancouver aufgeht. Das hat uns ein wenig von der Nacht entschädigt. Die Wanderung zurück war auch viel entspannter, als in der Nacht zuvor. Entweder waren wir es nun gewohnt, oder es lag daran, dass es hell war und bergab ging. Allerdings waren plötzlich massenhaft Leute auf dem Weg, was ein bisschen nervig war.
Nach Silvester hatten wir nur noch 8 Tage, bis unser Flug ins Warme ging. Diese verbrachten wir größtenteils mit Arbeiten und mit dem Versuch, unser Gepäck zu verschmälern. Über eine polnische Organisation haben wir ein Paket nach Deutschland geschickt, was in 8 Wochen hoffentlich irgendwann ankommt. Alle anderen Lieferdienste hatten solche horrenden Preise, dass wir es auch persönlich nach Deutschland hätten bringen können und anschließend wieder zurück fliegen.
Am 8. Januar ging es dann für uns los. Einerseits waren wir sehr traurig, dass wir Kanada verlassen, andererseits haben wir uns so sehr auf Wärme gefreut. Wir konnten den Regen in Vancouver nicht mehr ersehen. Der Flug war relativ entspannt. Wir sind wieder im Korean Air geflogen, die an Komfort in der Holzklasse kaum zu übertreffen ist. Das Essen ist super und man hat echt viel Platz. Nach insgesamt 36 Stunden Reisezeit und einer sehr unbequemen Nacht auf einer Holzbank im Flughafen von Hongkong sind wir nun endlich in Thailand, liegen in der Sonne in der Hängematte und trinken Bier. So muss das Leben sein.